Ringo Lams Gefängnisfilm von 1987 und Frank Darabonts Variante des Themas von 1994 haben einiges gemeinsam und sind schlussendlich doch so verschieden. Zweiterer ist und bleibt unübertroffen in seinem Genre. Ein Meisterwerk der Filmgeschichte, ganz klar. Hochdramatisch, sich Zeit nehmend für die Zeichnung der Charaktere und ihre Entwicklung über Jahre hinweg durch immer wieder neue Gegebenheiten und Einflüsse, ergreifend von der ersten bis zur letzten Minute, erschütternd und einfach nur schön zugleich. Gaam yuk fung wan, so der Originaltitel des Films aus Hong Kong, setzt da deutlich mehr auf Action.
Zur Story: Lo Ka Yiu (Tony Leung Ka Fai) muss wegen fahrlässiger Tötung für drei Jahre ins Gefängnis. Eigentlich wollte er nur seinen Vater verteidigen, dessen Geschäft ausgeraubt wurde, verursacht dabei aber einen folgenschweren Unfall. Für den Zuschauer bleibt Lo Ka Yiu ein Unschuldiger, eine Parallele also zu Andy Dufresne in Die Verurteilten. Beide sind zudem intelligenter als die meisten Knastinsassen und damit von vornherein Außenseiter. Beide müssen konsequenter Weise zahlreiche Peinigungen, Übergriffe und Bloßstellungen seitens der Gefängnisangestellten und Sträflinge überstehen. Während Dufresne aber daraus lernt, sich in gewisser Weise anpasst und Respekt verschafft, ist das bei Lo Ka Yiu bis zum Schluss nicht der Fall. Es ist zum Haare raufen, wenn er wieder mal die Klappe aufmacht, weil er meint, etwas sagen zu müssen und der Zuschauer schon vorher weiß, dass es entweder nichts bringt oder es wieder eine Tracht Prügel setzt. Ansonsten ist der naive Charakter, der stets an Wahrheit und Gerechtigkeit glaubt, gut gespielt. Die Tragik, die darin liegt, dass für eben diese Wahrheit und Gerechtigkeit im Gefängnis kein Platz ist. Dass Lo Ka Yiu dies immer am eigenen Leib zu spüren bekommt, verleiht dem Streifen bei allen Kampfeinlagen eine dramatische Note.
Red war der beste Kumpel von Andy in seiner Zeit in Shawshank. Es dauerte zwar eine Weile, bis sie sich anfreundeten, aber dann waren sie unzertrennlich. So ist es auch bei Prison on Fire. Hier heißt dieser Charakter Ching (Chow Yun Fat), und auch hier kommt ihm die Aufgabe zu, den Helden des Films an das Gefängnisleben zu gewöhnen und ihm dabei zur Seite zu stehen. Ching gibt den Clown, singt unentwegt, macht weise und lustige Sprüche und scheint ein absoluter Gutmensch zu sein, obwohl er tatsächlich zurecht einsitzt. Sehenswert ist vor allem sein emotionaler Ausbruch zum Schluss hin. Das ist ganz stark gespielt und zeigt sein anderes Ich, jenes, dass ihm seine Verurteilung einbrachte.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es noch zu erwähnen. Dieser ist nicht typisch für asiatische Filme per se, kommt aber dennoch häufig vor. Es handelt sich um einen gewissen Grad an unfreiwilliger Komik, der sich hier und da einschleicht und nicht selten am vereinzelt auftretenden Overacting der Schauspieler liegt. Eine Szene habe ich im Kopf, die aber schlichtweg aufgrund der filmischen Darstellung für einen Lacher gut ist, obwohl in diesem Moment eigentlich alles todernst ist. Auf dem Gefängnishof kommt es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Gangs, in die nach einer Weile unzählige Häftlinge involviert sind. Die anrückende Wachmannschaft greift aber nicht sofort ein und versucht mit allen Mitteln, die Streithähne auseinander zu halten, sie kommt erst einmal wie bei einer Militärparade mit kurzen Schritten angedackelt und ruft dabei im Einklang unentwegt „Eins, zwo, eins, zwo...“ vor sich hin. Na ja, vielleicht ist das auch Geschmackssache. Ich habe jedenfalls die Augen verdreht und konnte mir ein Kichern nicht verkneifen.
Insgesamt macht Ringo Lam einen soliden Job. Es gibt gelungene Kameraeinstellungen, zwei eigentlich sympathische Hauptfiguren, denen man fest die Daumen drückt, ihren Aufenthalt heil zu überstehen, fiese Aufpasser, insbesondere den Hauptwächter Hung (Roy Cheung), der sowas von unsympathisch und hinterhältig ist, brutale Zellengenossen, die nur auf ihren Vorteil und ihre Reputation aus sind und eine Story, die überzeugen kann. Der Vergleich mit Die Verurteilten ist eigentlich gemein und nicht zulässig, denn bis auf die oben erwähnten Übereinstimmungen (Prison on Fire ist der erste der beiden Filme), finden sich Gemeinsamkeiten nur darin, dass sie in Gefängnissen spielen. Ansonsten richtet Lam den Fokus auf das alltägliche Leben hinter Gittern, den immer wieder aufzunehmenden Kampf ums Überleben, während bei Darabont die Charakterentwicklung im Vordergrund steht. Die Verurteilten ist in erster Linie ein Drama, ein ziemlich langes sogar, aber bei einer lebenslänglichen Haftstrafe gibt es viel, über zwei Stunden im Endeffekt, zu berichten. Lo Ka Yiu muss „nur“ drei Jahre absitzen, da reichen auch knapp 90 Minuten, in denen aber auf die Hauptfiguren, ihren Kampf in und auch mit ihrem Umfeld außerhalb der Gefängnismauern ausführlich eingegangen wird. Teil 2 liegt schon parat und wird demnächst angesehen.
(6/10)
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